Leserbrief zur B 451 Ersatzbrücke "Was sagen die Grünen dazu?"
Von "40 Jahren Stillstand", die laut dem SPD-Stadtverordneten Lukas Sittel drohen, wenn die Werrabrücke nicht kommt, kann keine Rede sein, im Gegenteil: Witzenhausen erhält eine Lkw-Schneise quer durch die Stadt mit vielen Verkehrsbewegungen täglich. Im Anschluss wird es aber mindestens 40 Jahre dauern, bis der selbst verursachte Missstand wieder abgeschafft werden kann, denn der Bund wird sich den Bundesstraßenlückenschluss und damit die Lkw-Trasse in der Ortslage nicht mehr so leicht nehmen lassen.
Den Sozialdemokraten liegt wegen der Arbeitsplätze das Gewerbegebiet im Gelstertal am Herzen, aber wie hoch ist der Preis dafür? Witzenhausen will sich auf der einen Seite aufhübschen für den Radtourismus und sonnt sich im Glanz des Agrarökologie-Studiengangs, einhergehend mit dem Image als grüne Kleinstadt. Auf der anderen Seite rumpeln laut Prognose nach dem Bau einer Lkw-tauglichen Brücke mehr als 1000 Lastwagen pro Tag über eine verbreiterte Schneise vorbei an Arztpraxen, Stadtpark und Ökumenischem Kindergarten.
Bei Schinkels Brauhaus sitzen Sie in der ersten Reihe, das Café am Werraufer "chez Nadine" benötigt zukünftig keine Sonnensegel mehr, denn die an der Bleiche dominierende Werrabrücke spendet genug Schatten. Der Radweg muss verlegt werden, weil auf dem Damm unter der Brückenrampe kein Durchkommen mehr ist, der Freizeitwert des Areals sinkt von 100 auf Null. Hauptsache die Brücke kommt, zur Not auch mit der Brechstange - Witzenhausen hat perspektivisch gute Chancen, einen großen Auftritt im "realen Irrsinn" der Satiresendung extra 3 hinzulegen.
Dass die SPD diesen Weg des "Augen zu und durch" weiterhin beschreitet, ist nur schwer nachzuvollziehen, dass sich die Grünen, die sich qua DNA eigentlich an die Spitze des Protestes setzen müssten, nicht klar gegen Lkw-Verkehr in der Stadt und damit gegen das Brückenprojekt positionieren, ist in Zeiten von Klimaschutzbewegungen und eines veränderten Bewusstseins geradezu rätselhaft. Was sagt eigentlich die Bundespartei dazu, dass es wegen Platzmangels auf einer für Lkw verbreiterten Bundesstraße durch die Öko-Stadt Witzenhausen nicht einmal Fahrradstreifen gibt? Und vom Bürgermeister hätte man schließlich etwas mehr öffentliches Engagement im Kampf gegen die drohende Lkw-Flut erwartet als nur ein Schulterzucken und ein "Die Stadtverwaltung hat so gut wie keinen Einfluss auf die Planungen" - schließlich hatte sich Daniel Herz im Bürgermeister-Wahlkampf deutlich gegen das Projekt ausgesprochen.
Eduard Warda
Am Frauenmarkt 2
37213 Witzenhausen